oder wie du vermeiden kannst, dass dein Pferd beim Aufsteigen nicht stillsteht
Als ich jung war habe ich viele junge Pferde geritten. Damals war es noch nicht selbstverständlich eine Aufstiegshilfe zu verwenden geschweige denn, eine in der Reitbahn zu haben. So bin ich bei dem Versuch, in den Sattel zu kommen mehrmals unsanft auf dem Boden gelandet. In einem Fall galoppierte das Pferd los, als ich mich gerade über dem Sattel befand, so dass ich gegen die Bande geschleudert wurde. Als ich mir dann selbst ein junges Pferd kaufte und es nach zweimaligem Reiten nicht mehr stehen blieb, war mir klar, dass ich grundsätzlich etwas ändern musste.
In der Vergangenheit hatte ich eine Reitbeteiligung an einer sehr nervösen Stute, die auch nicht stehen bleiben wollte beim Aufsteigen. In Anlehnung an Linda Tellington-Jones brachte ich ihr bei, ohne Einsatz des Zügels, neben einer Aufstiegshilfe, entspannt beim Aufsteigen stehen zu bleiben. Dabei war es vorn vornherein wichtig, den Zügel gar nicht erst kurz zu fassen, da sie schon so darauf konditioniert war und dann erst recht beim Aufsitzen sofort losmarschierte. So benützte ich das Halsteil von einem Martingal, das ich hochzog, um sie auszubremsen. Den Zügel lies ich stets hingegeben. Innerhalb von ein paar Minuten hatte sie verstanden, um was es ging. Fortan brauchte es nur noch Ruhe und ein Leckerli.
Bedenke, dass Pferd von Natur her sehr kooperative und geduldige Wesen sind. Bedenke auch, dass wir sehr oft unsere Eile und unsere Agenda mitbringen. Wir erwarten von unserem Pferd, dass es beim Aufsteigen geduldig stehen bleibt, sind aber selbst schon mit dem Kopf beim Galoppieren oder noch auf der Arbeit oder sonstwo. Pferde können ja nunmal in uns lesen wie in einem Buch und mal ganz ehrlich: Wenn du Pferd wärst, würdest du geduldig stehen bleiben, wenn du weisst, dein Reiter denkt schon an den Galopp? Dazu in Kürze mehr in meinem Blog "Mentaltraining für Reiter".
Wenn dein Pferd jedoch beim Aufsteigen nicht stehen bleibt und bevor du die folgenden Schritte mit deinem Pferd übst, lass bitte seinen Rücken überprüfen. Wenn du meinen Blog über Kissing Spine Syndrom gelesen hast, dann weisst du, wieviel Pferde darunter leiden. Deshalb sollte man immer erst KSS aussschliessen, bevor man andere Schritte unternimmt.
1. Achtsamkeit und Ruhe
10 tiefe Atemzüge helfen enorm umzuschalten von Stress und Hektik auf Ruhe. Dann achte auf das was du tust. Das kannst du schon beim Putzen und Satteln üben, auch das bewusste Atmen. Sei geduldig
mit deinem Pferd und geduldig mit dir selbst. Man sollte im Umgang mit dem Pferd immer die innere Einstellung haben, dass man alle Zeit auf der Welt hat aber es dann zügig und konzentriert
erledigt.
2. Ausrichtung vor der Aufstiegshilfe
Das ist sehr wichtig. Wenn du keine Aufstiegshilfe hast, die du verschieben kannst, musst du dein Pferd schon 2 Pferdelängen vor der Aufstiegshilfe gerade darauf zu führen. Führe dein Pferd
entschlossen und zielsicher. Unsicherheit bemerken Pferde sofort und dann klappt nichts.
3. Stehenbleiben
Auch Hidalgo hat sich in der Vergangenheit manchmal weggedreht, wenn ich gerade den Fuss in den Bügel setzen wollte. Wenn ich hohe Aufstiegshilfen hatte, bei denen ich ohne Steigbügel in den
Sattel kam, blieb er immer stehen. Damals wusste ich noch nicht, dass er Kissing Spine Syndrom hatte. Aber gelernt habe ich folgendes:
1) Auch mit Aufstiegshilfe ist der Moment, wo der Reiter an seiner Seite hängt, selbst wenn es nur 2 Sekunden sind, lang und unangenehm.
2) Besonders für Pferde mit hohem Widerrist kann es ein Problem sein
3) Pferde mit Rückenschmerzen verknüpfen geritten werden natürlich mit Schmerzen. Das zeigt sich häufig schon beim Satteln.
4. Fuß in den Steigbügel
Immer parallel zum Pferdebauch. Das ist einer der Gründe, dass Pferde loslaufen (wollen), wenn der Reiter aufsteigt, weil er das Pferd unbewusst beim Aufsteigen in den Bauch tritt. Soviel zur
Technik - dann ist da die mentale Seite. Wenn wir den Fuß in den Steigbügel setzen, müssen wir absolut ruhig sein und an nichts denken, außer daran, den Fuß vorsichtig in den Steigbügel zu
setzen.
5. Griff in die Mähne
Wenn ich mich nur am Sattel festhalte, wird dieser immer verzogen, und dies ist besonders für Pferde mit ausgeprägtem Widerrist unangenehm. Außerdem kann ich als Reiter natürlich wegrutschen,
besonders bei (Schul-)Pferden, die im Moment des Aufsteigens noch Luft ablassen. Ich versuche grundsätzlich immer von beiden Seiten aufzusteigen, da die Übung der Gleichseitigkeit für Reiter und
Pferd wichtig ist. Wenn ich von links aufsteige, greife ich mit der linken Hand in die Mähne und die rechte Hand fasst über den Sattel an die rechte Seite vom Vorderzwiesel.
6. Über den Sattel
Ich denke daran, sofort mit meinem Gewicht über den Sattel zu kommen, was mir hilft, schneller in den Sattel zu kommen. Und ich hänge nur sehr kurz an der Seite, was für das Pferd angenehmer
ist.
7. Fuß in den rechten Steigbügel
Ich beuge mich sofort hinunter, um mir den rechten Steigbügel auszurichten. Zum einen ist das für das Pferd aus seiner Sicht angenehmer und zum anderen dient es meiner Sicherheit. Dann richte ich
mich auf.
8. Belohnung / Lob für das Pferd fürs Stillstehen
Wenn das Pferd an diesem Punkt keinen Schritt gemacht hat, gibt es ein ganz großes Lob. Dies kann auch in Form eines Leckerlis erfolgen, ist jedoch bei manchen Pferden kontraproduktiv. Egal in
welcher Form es erfolgt, freue und lobe aus ganzem Herzen. Halbe Sachen mögen Pferden nicht. Und halbherziges Lob wird sofort entlarvt. Dann brauchst du dich nämlich nicht wundern, wenn dein
Pferd beim nächsten Aufsteigen halbherzig stehen bleibt.
9. Nichts
Hier wird es noch einmal schwierig für dich. Denn auch das ist der Punkt, warum viele Pferd beim Aufsteigen nicht stehen bleiben möchten. Du bist so gut in den Sattel gekommen und jetzt willst du
natürlich sofort loslegen. Das erzeugt den Vorwärtsimpuls beim Pferd. Also nimm dich noch einmal für einen kleinen Moment zurück und mach nichts. Atme tief durch, lass die Zügel noch ganz
hingegeben oder besser noch fass sie noch gar nicht an. Dieser Moment, der dir vielleicht ewig vorkommt, muss nur ein paar Atemzüge dauern. Er ist ein wichtiges Signal an dein Pferd, dass wenn du
in den Sattel steigst, erstmal gar nichts geschieht. Auch das kann ein paar Mal benötigen, bis dein Pferd das verstanden hat. Und wenn ihr dann soweit seid, kann es losgehen. Aber das Signal dazu
muss immer von dir kommen.
Bei Pferden, die z. B. beim Einreiten traumatisiert wurden, kann es hilfreich sein, einfach nur das Aufsteigen zu üben und sie dann wieder "wegzustellen".
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